Hallo, Nachbar! Die neue Fondation Cartier mitten in Paris

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Die Fondation Cartier hat direkt gegenüber dem Louvre ein architektonisches Juwel geschaffen- und ihrer Kunstsammlung eine Heimat.

Wohin zuerst blicken? Auf die spektakuläre Architektur von Jean Nouvel, der im Schatten des Louvre das ehemalige Hotel und spätere Antiquariatsgebäude in einen Tempel für moderne Kunst verwandelt hat? Oder gleich auf die Ausstellungsstücke, die in der -„Exposition Générale“ versammelt wurden? Die erste Schau im neuen Gebäude gibt nur einen kleinen Einblick in die unglaubliche Vielfalt des Kunstschatzes der Fondation Cartier. Auf mehreren Ebenen erleben Besucher eine Weltreise durch zeitgenössische Werke, kuratiert von Grazia Quaroni, Béatrice Grenier und dem Designduo Formafantasma.

Fangen wir mit der Ausstellung an: Fotos von Claudia Andujar über das Leben des indigen Yanomami-Volkes in Brasilien finden dort Platz neben Gemälden von Damien Hirst und Stillleben von Patti Smith. In der ersten Etage stolpert man fast über eine lebensechte Skulptur von Ron Mueck: „Woman with Shopping“. Im Ohr hat man da noch das „Tierorchester“ von Bernie Krause, der mit einem Mikrofon den Sound der Wälder eingefangen hat, bevor die Tiere für immer verstummen.

"Women with Shopping" heißt die Skulptur des Australiers Ron Muec © Cyril Marcilhacy/ Courtesy of Foundation Cartier, Solange Pessoa

Es ist müßig, alles aufzuzählen, doch man ahnt: Es war eine enorme Herausforderung, aus den 4500 Werken der Fondation eine -erste Auswahl zu treffen. Entstanden ist eine Einladung an die Besucher zu einem strammen Ritt durch die Kunstwelt. Ob Fotografie, Malerei, Skulp-tu-ren, Keramiken, Federspiele, elektronische Kunst, es ist alles dabei. Man muss sich aber auf dieses enorme Tempo und Spiel mit den Stilen einlassen, um Freude an dieser Reise zu haben.

Ein nicht ganz barrierefreier Blick auf Werke im Untergrund des Museums © Cyril Marcilhacy, Cai Guo-Qiang.

Da macht es einem der architektonische Entwurf der französischen Architekturlegende Jean Nouvel schon leichter. Das Haussmann-Gebäude von 1855 beherbergte einst das erste Luxushotel der Stadt – Napoleon III. ließ es anlässlich der Pariser Weltausstellung errichten. Bereits zu Beginn gab es hier eine Vielzahl an Einkaufsmöglichkeiten. Später bildete der Bau das Zentrum des Antikmarkts mit unzähligen Geschäften. Nouvel ist mit seinem hoffentlich finalen Umbau ein zeitloses Meisterwerk gelungen. Von außen fügt sich das Museum ganz bescheiden in die Nachbarschaft der Prachtbauten ein. Und kann doch gegen sie bestehen – immerhin liegt es fast Schulter an Schulter zum Louvre.

Die aufwendige Dachkonstruktion lässt durch Lichtschächte die Sonne herein © Foto: Marc Domage/ Courtesy of Fondation Cartier, Alessandro Mendini, Peter Halley.

Tritt man ein, erkennt man neben den gewaltigen Sandsteinsäulen die ausgeklügelten Details. Decken, die sich himmelwärts öffnen lassen, Stockwerke, die miteinander einen Tanz wagen, Gänge, die keine Transportwege sind, sondern echte Verbindungen. Und durch die ebenerdigen Scheiben sieht man den Verkehr und die Menschen der Stadt. Auch ohne die Kunst ist der Besuch dieses Hauses schon die Reise wert. Was bleibt? Der Eindruck, dass hier, mitten in Paris, ein neues Epizen-trum für kreative Geister entstanden ist. Und die Vorfreude auf die nächsten Werke dieser fein kuratierten Weltreise.