Cowley Manor: Next Door to Alice!

Urlauben wie Alice im Wunderland? Dieses Herrenhaus mit Parkanlage soll Lewis Caroll zu seinem Kinderbuch inspiriert haben. Ein Design-Team rund um Dorothée Meilichzon hat es in ein märchenhaftes Hotel verwandelt.
Die Cotswolds zählen zu den schönsten Regionen Englands. Sie bezaubern mit sanften Hügeln, üppigen Gärten und malerischen Dörfern. Inmitten dieser Bilderbuchlandschaft im Südwesten der Insel liegt das Hotel Cowley Manor Experimental. Seine Geschichte reicht bis in das Jahr 1695 zurück. Im Laufe der Zeit hat es mehrfach den Besitzer gewechselt. 1855 enstand an der Stelle des alten Herrenhauses ein Neubau im prächtigen italienischen Stil, gleich neben der kleinen Kirche St Mary’s aus dem 12. Jahrhundert. Mit einer langen Terrasse über die gesamte südliche Front des beeindruckenden Anwesens. Von dort aus schweift auch heute der Blick über die großzügige Parklandschaft insgesamt 55 Hektar –, die sanft zu einem kleinen See hinabführt.
"Ob Keramikhasen, Schachbrettmuster oder Pilzskulpturen, überall im Haus gibt es Anspielungen auf Alice im Wunderland."
Eine Legende besagt, dass Charles Dodgson, besser bekannt als Lewis Carroll während eines Besuchs bei seinem Freund, dem Pfarrer von St Mary’s, mit dessen Nichte Alice durch diese Gärten spazierte. Dort beobachteten sie ein weißes Kaninchen, das unter einer Hecke in einem Loch verschwand. Diese Begegnung soll Carroll zur Idee für seinen Kinderbuchklassiker „Alice im Wunderland“ inspiriert haben. Wer weiß schon, ob sich diese Geschichte tatsächlich so zugetragen hat – fest steht jedoch, dass sich die preisgekrönte französische Innenarchitektin und Produktdesignerin Dorothée Meilichzon, Gründerin des Pariser Designstudios Chzon, von der märchenhaften Welt Lewis Carrolls inspirieren ließ.

Ihre Ausbildung absolvierte sie an der renommierten Rhode Island School of Design in New York, wo sie Grafikdesign studierte. Bei ihren Projekten fühlt sie sich dem historischen Kontext des jeweiligen Gebäudes stark verbunden, insbesondere den architektonischen Details und jenen kleinen Anekdoten, die ein Ort mit sich bringt. Sie liebt Handwerkskunst und Materialien mit sichtbarer Geschichte. Ihre Entwürfe zeichnen sich durch einen mutigen Material- und Mustermix aus, der inzwischen zu ihrem Markenzeichen geworden ist.
Im Auftrag der in Paris ansässigen Hospitality- Firmengruppe Experimental Group, mit der sie eine langjährige Partnerschaft verbindet, übernahm sie die umfassende Neugestaltung des historischen Gebäudes. Für ihre moderne und kreative Interpretation eines englischen Country House Hotels fand sie den perfekten Mix aus französischer Eleganz, britischer Gemütlichkeit, historischem Charme und zeitgenössischem Design. Die Experimental Group, 2007 in Frankreich von Olivier Bon, Pierre-Charles Cros und Roméede Goriainoff gegründet, stand ursprünglich für eine neue Cocktailkultur.


Später kam Xavier Padovani hinzu. Die Jugendfreunde verbindet eine gemeinsame Leidenschaft für Wein, Cocktails und Gastlichkeit. Inzwischen ist das Unternehmen international tätig, betreibt Bars und Restaurants auf höchstem konzeptionellem Niveau und besitzt eine Vielzahl von Hotels in Metropolen wie Paris, Venedig oder New York. Im Jahr 2022 erwarb die Experimental Group das Cowley Manor in den Cotswolds. „Cowley Manor war für mich immer schon ein ganz besonderer Ort“, schwärmt Pierre-Charles Cros. „Als sich die Gelegenheit bot, das Hotel zu übernehmen, wurde ein Traum für mich wahr. Wir haben nicht lange gezögert und sofort zugeschlagen.“ Wenn sich diese fünf Interior-Profis aus der Hospitality-Szene zur Umgestaltung eines englischen Herrenhauses zusammentun, ist das Erfolgsrezept bereits geschrieben.

Und dazu lieferte das Gebäude selbst die Vorgaben. „Die wunderbare Atmosphäre war schon da“, berichtet Dorothée Meilichzon. „Wir mussten sie nur noch in die Gegenwart holen.“ Mit ihrem feinen Gespür für den Mix unterschiedlicher Epochen und Stile vereint sie die beiden Welten des Klassischen und Zeitgenössischen auf das Schönste. „Wir waren uns einig, dass wir hier nur so wenig wie möglich verändern dürfen“, führt die Designerin weiter aus. So blieb die originale dunkle Holzvertäfelung der Hotellobby ebenso erhalten wie der reich verzierte Treppenaufgang. Einen spannenden Kontrast dazu bilden ein moderner Teppich mit Schachbrettdesign, die tiefblaue Wandfarbe und geometrisch gemusterte Stoffe auf den gepolsterten Clubsesseln.
Hinter der Eingangshalle öffnet sich eine Reihe eleganter Salons, in denen eine extravagante Cocktailbar mit Lounge untergebracht ist. Die hervorragende Ausstattung der Cocktailbar überrascht kaum, denn schließlich begann die Erfolgsgeschichte der Experimental Group mit der Cocktail-Kunst. Außerdem finden sich dort ein Spielzimmer, ein Gartenzimmer und eine stilvolle Bibliothek.

Überall im Haus setzt Dorothée Meilichzon Kontraste: dunkles Holz trifft auf selbst entworfene Lackmöbel, Teppiche mit Schachbrettmuster, geometrische Stoffe in warmen Tönen und ab und zu ein wenig Schmiedeeisen in Form von Stühlen und Tischen. „Und immer wieder – mit einem Augenzwinkern – launige Verweise auf Alice im Wunderland“, so die Designerin. Neben dem typischen Würfelmuster auf Textilien und Wänden sind sie ganz dezent fast überall zu entdecken und erinnern an die von Lewis Carrol erdachten skurrilen Charaktere.

Die geschnitzten Holzvertäfelungen im Restaurant waren früher weiß gekalkt worden. Dorothée Meilichzon ließ diese Farbschicht abtragen und das ursprüngliche dunkle Holzfinish über viele Monate hinweg von französischen Handwerkern wiederherstellen. Die historische Anmutung des Raumes bildet einen wirkungsvollen Kontrast zu den hochglänzenden, abgerundeten Tischen in Weiß im Look der 70er-Jahre sowie zu den schmiedeeisernen Stühlen und Sofas mit Sitz- und Rückenpolstern aus rotem , gemustertem Samt.

Während die Designerin im übrigen Haus meist auf Blau- und Grüntöne setzt, empfängt der Speisesaal seine Gäste in behaglichen Nuancen von Rot bis Rosa. Die verwendeten Stoffe, Farben und Materialien schaffen eine natürliche Wohlfühlatmosphäre. Für stimmungsvolles Ambiente sorgen tiefhängende Lampen mit Quaste sowie Wandleuchten, die die Holzvertäfelungen in warmes Licht tauchen. Dieser Raum öffnet sich auch zu der großen Terrasse mit Blick auf die üppigen Gärten und den kleinen See. Chefkoch Jackson Boxer setzt auf regionale Highlights mit französischen Akzenten. „Er verkörpert die Quintessenz des englischen Küchenchefs, mit seinem Respekt vor den Zutaten und seiner Verbundenheit mit der Natur“, so Pierre-Charles Cros. „Wir haben gemeinsam eine Speisekarte mit möglichst vielen lokalen Produkten und Erzeugnissen aus dem Garten zusammengestellt, sehr raffiniert und elegant für unsere Gäste“.

Im Obergeschoss residieren die Hotelgäste in 36 individuell gestalteten Zimmern, die Geschichte atmen und zugleich voller erfrischender Ideen stecken. Mit poetischen Namen wie „Wildflower“, „Treehouse“ oder „Water Lily“ tragen sie unverkennbar die Handschrift von Dorothée Meilichzon: eine verspielte Mischung aus geometrischenFormen, verschiedenen Stilrichtungen und Epochen, inspiriert von der über 300-jährigen Geschichte des Hauses. Um den hohen Decken und großzügigen Flächen entgegenzuwirken und den Zimmern Gemütlichkeit zu verleihen, entwarf die Designerin Himmelbetten mit weich fallenden Vorhängen.


Sie ziehen bereits beim Betreten des Raums alle Blicke auf sich. Die Wände taucht sie in kräftiges Grün und weckt somit Assoziationen zur umliegenden Parklandschaft. Die mit Eichenholz verkleideten Schränke stammen noch aus dem früheren Hotelbetrieb. Sie wurden von Meilichzon liebevoll überarbeitet und in das neue Designkonzept integriert. Auch in den Bädern setzt sie farbige Akzente: Die Waschtische aus emailliertem Lavagestein, das aus französischen Vulkanregionen gewonnen wird, können in jeder beliebigen Farbe hergestellt werden und präsentieren sich je nach Zimmer in tiefem Grün, leuchtendem Rot oder zartem Buttergelb. Und natürlich dürfen auch hier die charmanten Anspielungen auf Alice im Wunderland nicht fehlen – ein Schachbrettmuster hier, eine kleine Kaninchenfigur dort. Und nicht zu vergessen: Jedes Zimmer besitzt einen Türklopfer in Form eines niedlichen Kaninchenkopfes. Das hätte Alice sicherlich ein Lächeln entlockt …